Geschichte der Feuerwehr Berkach

Aus der Feuerwehrgeschichte der Gemeinde Berkach

(Auszug aus den Unterlagen des Gemeindearchivs )

zusammengestellt von Ehrenwehrführer Horst Bauer


Wie schon in der Ortsgeschichte aufgeführt, wurden die Akten der Gemeinde vor dem Krieg im Staatsarchiv zu Darmstadt aufbewahrt. Die Höllenglut der Bombennacht 1944, die über Darmstadt hereinbrach, verschlang auch die Unterlagen über das Feuerlöschwesen unserer Gemeinde. Darunter befand sich auch das Brandkataster aus dem Jahre 1777. Dieses Verzeichnis hätte uns wahrscheinlich mehr über das Feuerlöschwesen im 17. und 18. Jahrhundert verraten können.

Aber diese Dokumente sind vernichtet und Ersatz kann niemals beschafft werden. Also müssen wir uns mit dem begnügen, was uns bis heute erhalten blieb und über die Kriegswirren gerettet werden konnte.

Zwischenzeitlich hat der Verfasser eine Vereins-Chronik erstellt die mittlerweile auf sieben Bände angewachsen ist und die von Jedermann im Feuerwehrhaus Berkach eingesehen werden kann.

Die erste uns vorliegende Urkunde über das Feuerlöschwesen in Berkach stammt aus dem Jahre 1848, ihr folgt das erste Geräteverzeichnis der Wehr aus dem Jahre 1852, genannt "Tabelle der in der Gemeinde Berkach vorhandenen Feuerlösch-Gerätschaften". Der damalige Bürgermeister Krumb gibt darin folgendes an: Die Gemeinde zählt 213 Seelen, die in 35 Häusern wohnen. Feuerspritzen sind keine vorhanden. Im Rathaus werden 20 Feuereimer aufbewahrt, 4 Bürger haben ihren Feuereimer zu Hause. Außerdem stehen zum Löschen von Bränden 2 Feuerleitern und 2 Feuerhaken zur Verfügung. Als Feuerreiter sind Heinrich Gütlich und Nicolaus Sensfelder bestimmt, als Feuerläufer : Philipp Diehl, Jakob Petmann, Nicolaus Hirsch Philipp Lochmann III, in den Wasserwagen haben zu spannen: Philipp Friehl und Johannes Burk's Knecht.

Aus dem Jahre 1880 liegt ein Schreiben vor das besagt, daß das Kreisamt (Landratsamt) Groß-Gerau die Anschaffung von Armbinden und Dienstzeichen für die Pflichtfeuerwehr genehmigt und der Kauf derselben empfohlen wird ( diese Armbinden waren damals das einzigste, was man als persönliche Ausrüstung hatte). Als sehr interessant ist die " Verordnung über die Löschung von Feuersbrünsten" aus dem Jahre 1857 anzusehen. Sie liegt in gedruckter Form vor und kann mit den heutigen Brandschutzgesetzen verglichen werden.

Der erste Kommandant, den wir in den Akten nachweisen können, war der Landwirt Wilhelm Diehl, der am 26. Mai 1886 vom Kreisamt Groß-Gerau in seinem Amt
bestätigt wurde.


Gebäude-und Mobilien-Versicherung in Berkach

1860 lesen wir erstmals eine Mitteilung der Landes-Großherzoglichen Brandversicherungsanstalt über die Pflicht, Gebäude zu versichern.1868 wird die Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft vom Großherzoglichen Innenministerium in Darmstadt ermächtigt, Versicherungen für Mobilien (bewegliche Güter) zu übernehmen. Aus dem gleichen Jahr liegt auch ein Antrag des Philipp Petmann II an obige Versicherung um " Gewährung von Mobilienversicherung" vor. Wahrscheinlich taten noch weitere Ortsbürger diesen Schritt. Die Versicherung teilte nämlich mit, daß die Gemeinde Berkach " zum Schutz der Mobilien unserer Versicherten" eine Feuerspritze zum Geschenk erhalte.

Die erste Feuerspritze

Nachdem die Gemeindeverwaltung am 29. November 1868 "tunlichst" versichert hatte, daß die Feuerspritze als Geschenk angenommen werde, wurde die Spritze am 9. Dezember 1868 bereits geliefert.

Hersteller war die Fa. Jos. Beduwe in Aachen, Preis 110 Taler. Die technischen Daten: Die Spritze verbraucht pro Minute 80 Quart =(viertel) Wasser, der Wasserstrahl erreicht eine Höhe von 50 Fuß.

Als Zubehör wurde geliefert: 2 Hanfschläuche ( 11/2'' i.L. weite)= das Maß unserer heutigen D-Schläuche, Länge 25 Fuß, ein kupfernes Flankierrohr (Strahlrohr), zwei Druckstangen und zwei Schraubenschlüssel.

Feuerspritze

Diese Spritze ist noch funktionsfähig und befindet sich in Verwahrung unserer Wehr.

Als im Jahre 1895 der Kommandant Diehl eine Meldung an den Verband hessischer Feuerwehren absandte, berichtete er, daß die Wehr 30 Mann stark sei, davon seien 6 Mann als Steiger und 4 Mann als Ordnungsdienst eingeteilt.

Im Jahre 1900 betrug die Mannschaftsstärke 56 Mann. Nun verfügte die Wehr auch über eine pferdebespannte große Saug- und Druckspritze.

1. Kommandant war Wilhelm Diehl
2. Kommandant war Philipp Friehl
1. Spritzenmeister war Christian Kumpf
2. Spritzenmeister war Peter Kumpf

Dort ist auch zu lesen:" Wenn die Spritze zur "Hilfeleistung" außer Ortes muß, fährt Heinrich Lösch die Spritze, Philipp Gütlich den Wagen mit der Mannschaft.

Im Jahre 1910 übernahm der Gastwirt Heinrich Krumb die Wehr. Im Jahre 1928 wurde ein "Brandhilfsverband" gegründet. Im Falle der Not hatte Berkach folgende Nachbarwehren zur Hilfe anzufordern: Groß-Gerau, Büttelborn, Klein Gerau und Worfelden. Im umgekehrten Falle leisteten die Berkacher dort Hilfe. Dieses System entsprach der heutigen nachbarlichen Löschhilfe.

Im Jahre 1929 wurde die Wehr unter dem Kommandanten Jakob Daniel Stieglitz nach dem neuesten Stand der Technik ausgerüstet. Neben 2 Magirus Schlauch- und Hydrantenwagen, 300 m Schläuche, Standrohre, Strahlrohre, Beile, Leinen usw. kam die gesamte Anschaffung auf ca. 2.200,-RM. Schon die Art der beschriebenen Ausrüstung zeigt, dass man sich die neuverlegten Wasserleitung der Wasserversorgung des Wasserverbandes "Gerauer Land" und besonders deren Wasser zum Bundesgenossen gegen das Element "Feuer" auserkoren hatte. Überall im Lande wurden nun Freiwillige Feuerwehren gegründet.

Gründung der freiwilligen Feuerwehr Berkach

Auf Initiative des damaligen Kreisfeuerwehrinspektors Schildgen, Groß-Gerau, fanden sich am 9. Dezember 1934 in der Gaststätte Heinrich Krumb junge Männer zusammen, die seither in der Pflichtfeuerwehr Dienst taten und die nunmehr eine Freiwillige Feuerwehr gründeten.

Nach dem Gründungsprotokoll sind folgende Mitglieder als Gründer anzusehen:

1. Kommandant Jakob Daniel Stieglitz
2. Kommandant Walter Diehl
Heinrich Krumb, Im Eck
Heinrich Krumb, Gr.-Gerauer Str.
Paul Kumpf
Christian Kumpf II
Jakob Stieglitz, Hauptstraße
Philipp Schaffner II
Jakob Stieglitz, Waldstraße
Georg Wenchel
Georg Stieglitz
Christian Krämer
Wilhelm Lösch
Philipp Lochmann I
Heinrich Baroli
Wilhelm Kreuzer
Peter Bauer
Fritz Spitz
Karl Metzger
Paul Hauf

Der 2. Kommandant Walter Diehl besuchte im Jahre 1935 die Feuerwehr-Fachschule in Babenhausen. Leider wurden sämtliche Unterlagen, die über die Jahre 1934 bis Kriegsende Aufschluß geben könnten, beim Einmarsch der Amerikaner aus Angst vor Repressalien vernichtet. Es wurde jedoch von den damaligen Mitgliedern mündlich überliefert, dass nach Kriegsausbruch in Folge von Einberufungen zur Wehrmacht, die Freiwillige Feuerwehr derart geschwächt wurde, dass sich der damalige Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Adam Lochmann gezwungen sah, eine Hilfsfeuerwehr aufzustellen. So versahen die noch anwesenden Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr mit den Hilfsfeuerwehrmännern

und einer Frauengruppe ihren schweren Dienst. Wurde auch unsere Gemeinde von Bombenangriffen verschont, so musste die Feuerwehr nach Bombenangriffen auf Städte und Gemeinde in- und außerhalb unseres Kreises Hilfe leisten. Nach dem schweren Luftangriff auf Groß-Gerau konnten unsere Rettungskräfte in lebensgefährlichem Einsatz, mehrere Bewohner in der Gernsheimer Str., aus den verschütteten Kellern befreien.

Nach dem Zusammenbruch forderte das Landratsamt erstmals am 07. August 1945 eine Aufstellung über das Material und die Einsatzfähigkeit der Wehr.

Der damalige Bürgermeister Paul Hermann schrieb in seinem Bericht :" Die Ausrüstungsgegenstände unserer Wehr wurden zum größten Teil bei der Waffenbeschlagnahme durch die Militärpolizei mitgenommen oder gestohlen. So verfügen wir nicht mehr über Helme, Beile, Seile und Koppel. Die vorhandene Motorspritze kann wegen Kraftstoffmangel nicht in Betrieb genommen werden".

Die Wehr stand praktisch vor dem Nichts.

Auf Drängen der Militärregierung musste aber eine einsatzfähige Feuerwehr vorhanden sein. Am 28. Oktober 1945 fand die erste Feuerwehrübung nach dem Kriege statt. Die Wehr durfte nur in einem losen Zusammenschluss zusammen kommen. Grüßen und diszipliniertes Stehen waren verboten. Die Männer wurden zum Dienst gezwungen. Nachdem am 01.03.1946 Kommandant Stieglitz sein Amt niedergelegt hatte, wurde Konrad Schaffner zum Wehrführer bestimmt. Am 15.10.1948 legte Schaffner sein Amt nieder. Danach hatte die Übergangslösung ein Ende. Das Kommando ging in jüngere Hände über, Ferdi Cezanne übernahm die Wehr. Als 2. Kommandant stand ihm Walter Ehrhardt zur Seite, der aber am 30.03.1949 sein Amt niederlegte. Für ihn übernahm Karl Schaffner III.

Wiedergründung der freiwilligen Feuerwehr Berkach

Am 20. Januar 1949 trafen sich die Mitglieder der damaligen Pflichtfeuerwehr und weitere junge Männer, um die Freiwillige Feuerwehr erneut ins Leben zu rufen.

Bürgermeister Paul Hermann unterstützte dieses Ansinnen mit ganzer Kraft.

Die Tatsache, dass sich nur 1 Mitglied der 1934 gegründeten Feuerwehr, nämlich Philipp Schaffner II, in die Mitgliederliste zur Freiwilligen Feuerwehr eintrug, sollte zeigen, welch traurigen Blutzoll der Krieg gefordert hatte.

Am 01.01.1950 legten die seitherigen 1. u. 2. Kommandanten ihre Ämter nieder.

In der von Bürgermeister Hermann einberufenen Sitzung am 25.01.1950 wählte die Versammlung Philipp Schaffner II zum 1. und Walter Ehrhardt zum 2. Kommandanten.

Nach dem Ausscheiden von Philipp Schaffner II übernahm Walter Ehrhardt die Wehrführung. 2. Kommandant wurde Heinrich Hirsch.

Im Jahre 1966 legte Walter Ehrhardt aus Altersgründen sein Amt nieder. Horst Bauer wurde zu seinem Nachfolger gewählt, der das Amt bis zum 14.02.1997, also 31 Jahre führte und es dann, mit Erreichung der Altersgrenze, seinem seitherigen Stellvertreter Rolf Lochmann übergab.